Woche 34 und 35

ODER auch ganz viel Schule

 

Weil in den letzten Wochen neben Arbeit und zwei kaum nennenswerten Rückschlägen, die sich ganz schnell mit folgenden Sätzen zusammenfassen lassen:

 

„Three seasons in a week“ – von frühlingshaften 18 über winterlichen   unter 0 bis hin zu sommerlichen 25 Grad und einem mittlerweile wieder geöffneten Pool ...

 

 

... und

 

„Anderes Land – andere Pollen“ – oder auch der unterwartete Angriff des Atlanta Blütenstaubs ...

 

 

eigentlich nichts los war, werde ich nachholen, was ich euch schon lange versprochen habe. Wie ihr ja bereits wisst, habe ich in diesem Semester die Möglichkeit, in der in der Nachbarschaft gelegenen High School zu hospitieren und da sehe und erlebe ich Vieles, das so ganz anders ist als bei uns zu Hause. Und weil ich ja einige LehrerInnen zu meinem Freundes- und LeserInnenkreis zählen darf, möchte ich hier meine Eindrücke mit euch teilen.

 

Die Druid Hills High School ist eine 100 Jahre alte Schule und führt ihre Schüler und Schülerinnen als solche nicht einfach nur zur, wie es bei uns genannt wird, Matura, sondern ist auch eine sogenannte International Baccalaureate School, was übersetzt heißt, dass man hier auch eine internationale Matura mit einem Schwerpunkt auf Internationalität (wie könnte es anders sein :-)) und Sprachen machen kann.

 

http://www.druidhillshs.dekalb.k12.ga.us/Default.aspx

 

So einfach ist es dann aber auch wieder nicht, denn Schule in den USA ist grundsätzlich anders strukturiert als bei uns in Österreich. Und weil das der Fall ist (und es mich letztlich selber brennend interessiert), kommt hier ein kurzer Exkurs zu den Grundlagen des US-amerikanischen Schulsystems.

 

Weil es inzwischen kein wirklich großer Auftrag mehr ist, im Internet ganz schnell und einfach Erklärungen und Bilder zu finden, möchte ich mich hier kurz halten. Auch deshalb, weil es im Gundel gar nicht so anders ist als bei uns … viel einfacher sogar, hab ich mir sagen lassen.

 

Nach dem Kindergarten, der hier nicht verpflichtend ist, geht man in die Elementary School, die Volksschule, um dann in der Middle School oder der Junior High und zuletzt der High School oder der Senior High seine „Bildung“ fortzusetzen. Nicht anders als bei uns ist dann auch hier nach 12 Jahren die primäre und sekundäre Bildung zu Ende.

 

 

Wie könnte es auch anders sein … so einfach ist es dann aber leider doch nicht, denn wie ihr auf dem Bild, das ich übrigens ganz einfach von Wikipedia „gestohlen“ habe, sehen könnt, dauern, wobei hier in den USA zumindest die Gesamtlänge gleich bleibt, all diese unterschiedlichen Formen unterschiedlich lang.

 

Und hier komme ich auch schon zu einem der wesentlichen Unterschiede unserer beiden Schulsysteme: privat vs. öffentlich.

 

Wie ich mir habe sagen lassen, hängt es von dieser grundsätzlichen Organisationsform ab, wie die Schulkarriere gestaffelt wird und wie die einzelnen Abschnitte benannt sind. Letztlich ist es aber auch egal, denn das Ergebnis bleibt – anders als bei uns – stets dasselbe. Konkret heißt das, dass es hier im Grunde* keinen speziellen Oberstufenformen wie HAK, HTL, BAKIP, … gibt.

 

(Der kleine Stern * kündigt schon an, dass es so einfach nicht ist, aber schließlich will ich es hier nicht schwieriger machen als notwendig.)

 

Trotz gleicher* Ergebnisse kann eben die Entscheidung für die eine oder andere Organisationsform eine ganz wesentliche Rolle in der Bildungskarriere von Schülern und Schülerinnen spielen. Denn Unterschiede in der Finanzierungsform führen zu qualitativen Unterschieden … Leider lassen sich hier keine einheitlichen Zahlen präsentieren, denn dafür ist das Land mit seinen vielen einzelnen Bundesstaaten, welche ihre Schulpolitik jeweils selbst gestalten können, viel zu groß. Aber um ein Gefühl zu bekommen – zumindest ist es das Gefühl, das ich hier in der Zwischenzeit entwickelt habe -, kann ich euch nur den Vergleich von Mittelschule und Gymnasium vorschlagen.

 

Vielleicht verfolgt ihr die wirklich interessant ORF2 – Dokumentation über das Schulprojekt … jedenfalls sind es jene Vorurteile und Meinungen, die hier diskutiert werden, die meinem Gefühl gegenüber öffentlichen und privaten Schulen hier nahekommt. Mit nur einem einzigen Unterschied: Qualität kann hier richtig viel Geld kosten – laut Internet schon mal über 36.000$ pro Schuljahr.

 

Weil ich hier aber von meinen Eindrücken und Erfahrungen erzählen will, werde ich zu jenen Dingen zurückkommen, die ich live gesehen habe.

In den letzten Wochen habe ich meine freien Freitage geopfert, um sie in der Schule zu verbringen und da hatte ich die Chance, mehrere Englischklassen – Literature 9th grade – bei meiner „Kontaktlehrerin“ zu sehen und auch einige Blicke in andere Klassen zu werfen: Geschichte und Literatur in der 11. Klasse (bei uns wär das die 7.) und letztlich auch in eine Klasse, die sich ausschließlich mit der SchülerInnenzeitung beschäftigt.

 

Am spannendsten war es aber, das, was wir irgendwie alle wissen und (wiedermal) aus dem Fernsehen kennen, einmal mit eigenen Augen zu sehen. Ein üblicher Schultag an Druid Hills High School besteht aus 4 sogenannten periods, jede einzelne 1.5 Stunden lang – von 8.10 – 3.10 mit insgesamt einer 20-minütigen Lunchpause und kleinen Pausen zwischen den „Stunden“. Dieses System bedeutet, dass hier, anders als in anderen Schulen, semesterweise unterrichtet wird. Man belegt folglich jedes Semester neue Gegenstände – wie es an der Uni üblich ist.

 

Und hier komme ich zu einem weiteren wesentlichen Unterschied: dem Wahlsystem. Schüler und SchülerInnen können ihre Kurse hier wählen, wobei dies bei Weitem nicht so frei ist, wie es zunächst aussieht. Neben Pflichtkursen, die die meisten in den ersten beiden ersten Schuljahren versuchen abzuarbeiten, haben sie Wahlkurse, in welchen sie ihren persönlichen Talenten und Interessen nachgehen können. Interessant an diesem System ist, dass jeder Tag gleich aussieht, d.h. jeden Tag hat man die gleichen 4 Gegenstände zur selben Zeit. Klingt recht öd, oder?? Und v.a. Hausübung für jeden Tag … :-((

 

Wer mehr darüber wissen möchte, kann sich in folgender Kursliste einen Überblick verschaffen.

 

Druid Hills High School - Kursliste 2013
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Dieses Wahlsystem bedingt auch gleich zwei weitere Unterschiede: einmal die Tatsache, dass es hier keine festen Klassenverbände gibt, sondern sich die Schüler- und Schülerinnengruppe in jeder „Periode“ neu zusammensetzt und damit eng verbunden ist die Organisation der Klassenzimmer. Diese „gehören“ nämlich nicht den Klassen, sondern dem Lehrer bzw. dem Gegenstand, der darin unterrichtet (wird).

 

Besonders diese zweite Aspekt ist für mich sehr spannend, denn ich weiß immer noch nicht, ob ich unser oder das US-amerikanische für besser halten soll. Einerseits gefällt mir die Idee, ein Klassenzimmer zu haben, das ich nach meinen eigenen Wünschen gestalten, in dem ich Plakate aufhängen, Bücher sammeln und unterschiedliche Arbeitsecken einrichten kann, andererseits mag ich es aber nicht, den ganzen Tag in ein und demselben Zimmer zu verbringen ohne in Kontakt mit meinen KollegInnen zu treten. Aber bei uns wäre dies ohnehin unmöglich, denn hier unterrichten Lehrer und Lehrerinnen stets nur ein Fach, manchmal mehrmals hintereinander … Letztlich entscheide ich mich also doch lieber für unser System, denn nicht nur, dass ich das Gefühl habe, dass Jugendliche in Österreich trotz Schule wirklich Jugendliche sein und sich abseits von Lernstress und –druck entwickeln können, sondern auch weil ich die Abwechslung man und nicht isoliert den ganzen Tag „eingesperrt“ sein möchte.

 

Solltet ihr euch die Kursliste angesehen habe, so konntet ihr mit Sicherheit feststellen, wie wichtig Tests hier sind – EOCT, SAT, … Und während das nicht nur etwas ist, was ich hier unterschwellig in allen Unterrichtsstunden, die ich besucht habe, habe mitschwingen gefühlt, auch in meinem begleitenden American Education – Kurs ist dies fast wöchentlich Thema. Von Beginn an stehen Testergebnisse im Vordergrund, denn sie sind es, die letztlich die Karriere beeinflussen. Zwar versuchen Colleges auch auf andere Dinge wie ehrenamtliche Tätigkeit, Clubmitgliedschaft, … zu achten, im Mittelpunkt des Entscheidungsprozesses stehen aber dennoch die Ergebnisse irgendwelcher nationaler und deshalb standardisierter Tests. Die Kritik daran resultiert nicht nur aus der Tatsache, dass sie multiple choice test sind, sondern v.a. auch daraus, dass man sich Erfolg in Form teurer Tutoren „einfach“ kaufen kann. Für mich richtig „abartig“, denn hier dreht sich alles nur um Zahlen und reproduziertes Faktenwissen, wobei meiner Meinung nach so viele anderer Kompetenzen unterzugehen scheinen … ?!?! Letztlich kein Wunder, dass die Bildung in den USA immer so schlecht abschneidet und sie es einfach nicht auf die Reihe kriegen … und da wundern sie sich auch noch, dass die Einführung neuer oder veränderter Test keine Änderung bringt … ?!?! Ein schwieriges Thema, das ich hier weder ausführlich behandeln noch wirklich entscheiden und beurteilen kann, ich kann einzig nur von meinen Eindrücken berichten und so dreht sich hier alles nur um diese „blöden“ Zahlen– auch an der Uni! Denn jede einzelne Note beeinflusst den Notendurchschnitt, und jede falsche Antwort das Testergebnis … ein Kreislauf. Und so ist auch der Unterricht ausgerichtet. Schulbücher unterrichten eben jenes Wissen, das für die Tests wichtig ist – von wichtigen Vokabeln bis hin zu möglichen Essayfragen (abhängig vom jeweiligen Test). Flexibilität? – O, denn Aufgabe der Lehrenden ist es, die Schüler und Schülerinnen entsprechend vorzubereiten. Aber nicht nur inhaltlich, denn auch das Testformat ist hier von großer Bedeutung. Und so gibt es wiederum auch Vorbereitungskurse, die an der Schule angeboten werden … zusätzlich zu all den vielen Clubs, … die man hier besuchen kann bzw. muss. Warum muss, mögt ihr euch fragen. Zwar wird niemand formal dazu „gezwungen“, möchte man aber einmal an eine gute Uni gehen, zum Beispiel, dann ist es besonders wichtig, Mitglied möglichst vieler Gruppen, Teams, Clubs, Gruppen, … gewesen zu sein. Es geht also nicht vordergründig um die Sache selbst, sondern wie es für die US-amerikanische Kultur bezeichnend ist, v.a. darum, was es am Ende bringen kann, um Ziele zu erreichen.

 

Ich werde an dieser Stelle aufhören und euch eine eigene Meinung bilden lassen, denn obwohl ich in vielen Punkten zwigespalten bin, so gibt es hier Dinge, die ich mit einer europäischen Perspektive, wie sie so oft genannt wird (ob gut oder schlecht das ist oft schwer herauszuhören …) einfach anders sehe und die AmerikanerInnen auch einfach nicht verstehen können.

 

Wie ihr sehen könnt, so habe ich hier wirklich viel Interessantes erleben können … ach ja, das hätte ich fast vergessen: Schulregeln. Eine, die mich nach wie vor verstört, ist die Politik des „Aufs-Klo-Gehen“. Denn  ist es hier notwendig – man muss dazu sagen, dass es fast unmöglich ist, dies in einer 5-minütigen Pause zu erledigen, wenn man von einem Ende des Schulhauses zum anderen muss und die Stunden dauern ja dann auch gleich 1.5 Stunden – dann muss man zu seinem Lehrer gehen und ihn um ein entsprechendes Formular bitten, auf dem er den Namen des Schülers und die Uhrzeit einträgt und es schließlich auch noch unterschreibt. Das Thema „Störungen im Unterricht“ muss ich hier wohl nicht näher ausführen. Dazu kann man auch die Tatsache zählen, dass die Klassenzimmer interessanterweise über Telefone verfügen, wo es schon mal passieren kann, dass man inmitten der Unterrichtsstunde einen Anruf aus dem Sekretariat erhält und gebeten wird, eine Schülerin irgendwohin zu schicken. Schon spannend …

 

Leider hatte ich bisher keine Möglichkeit, in der Schule auch Fotos zu machen, denn ohne offizielle Erlaubnis traue ich mich das nicht – v.a. wo ich mich auch jedes Mal auf einer Liste eintragen und danach einen Sticker, der mich als Besucherin ausweist, tragen muss. Aber ich hoffe, in den kommenden Wochen doch noch einen Nachmittag zu finden, wo ich vielleicht, wenn die Schule dann leer ist, ein paar Eindrücke festhalten zu können … nicht zuletzt, um sie mit euch teilen zu können.

 

So viel also zum Thema Schule … ich freu mich schon, wenn es auch für mich im September wieder losgeht … mit pubertierenden, braven, widerspenstigen, herausfordernden, braven, … Jugendlichen! Und damit schließe ich ab: es beruhigt mich ungemein, dass trotz all dieser Unterschiede und ungewöhnlichen Strukturen die Kinder die gleichen zu sein scheinen. Gleichsam unterschiedlich und gleichsam beschäftigt mit denselben Problemen … :-))).

 

 

Obwohl ich zunächst meinte, es wäre die letzten zwei Wochen so gar nichts los gewesen, so stimmt das nicht ganz und deshalb kann ich euch nicht nur berichten, dass wir eine neue – die letzte :-) – Unterrichtseinheit begonnen haben …

 

Kursplan Unit 6 STAATSBÜRGERin Spring 20
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… sondern auch einen weiteren Unittest hinter uns gebracht haben. Und dieser war insofern spannend, weil der Durchschnitt im Vergleich zu allen vorherigen Tests rapid gesunken ist (auf 84,425), sondern auch endlich das eingetreten ist, was ich mir insgeheim schon lange gewünscht hab. Zunächst dachte ich, ich hätte zu streng korrigiert, was mich letztlich aber gefreut hat, war die Tatsache, dass nun endlich sichtbar wird, wer mitarbeitet und lernt und wer das eben nicht tut. Und so haben sich die Noten diesmal auf die ganze Skala verteilt – von 59%, was ein F bedeutet bis hin zu unglaublichen 99,75%. Zwar sehen die StudentInnen das nicht so entspannt wie ich, aber wir sind an einem Punkt angekommen, wo man nicht mehr nur auswendig gelernte Phrasen wiedergeben kann, sondern eigene Ideen einbringen und formulieren muss. Und das sogar in Paragraphen mit einer Länge von bis zu 50 Wörtern. Und eben hier wird sichtbar, wer versteht, was er tut und wem eben Basics fehlen. Insgesamt also sehr aufregend, aber nicht nur, weil manche (und das trotz eines B+ - die sind hier einfach nichts gewohnt :-)) wirklich niedergeschlagen waren, einen nicht so guten Test geschrieben zu haben, nein, ich habe auch die zweite Schreibaufgabe benotet und nun fürchten viele den Ausgang des Semesters. Aber ich kann schließlich nicht allen ein A geben … dennoch habe ich angekündigt, dass sie ihre Note im Bereich ihrer Mitarbeit noch wesentlich beeinflussen könnten. Und ihr glaubt gar nicht, wie viele Wortmeldungen ich in der Folge bekommen hab … :-)) Irgendwie sind sie doch überall gleich – und letztlich Gott sei Dank!!!

 

Ja, und dann hatten wir letzte Woche auch wieder einen Stammtisch. Es scheint als würden diese nun fast schon wöchentlich stattfinden, aber zumindest diese Woche war mal Pause …

 

 

 

Jedenfalls war es ein geglückter Abend, die StudentInnen haben sich beim Jeopardy ganz gut geschlagen und die Käsespätzle waren der Renner. Manchmal frage ich mich, ob ich sie hier nicht ein wenig zu sehr verwöhne, aber so kann ich zumindest einen der besten Aspekte unserer Kultur teilen und sie sogar „hautnah“ erleben lassen!

 

Jeopardy Antwortblatt.pdf
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Events gab es aber nicht nur im German House, sondern uniweit. Einerseits fanden die jährlichen Wahlen der StudierendenvertreterInnen auf dem Programm – um einen Einblick in die vielfältigen Aufgaben, die StudentInnen hier übernehmen habe ich die KandidatInnen und den Wahlzettel für euch gespeichert

 

GSC Executive Board Candidates.pdf
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Student Voting.pdf
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andererseits war diese Woche Dooley’s Week. Dooley ist das Maskotten von Emory – ein Skelett – und jedes Jahr gibt es eine ganze Woche, die ihm gewidmet ist. Events reichen von Unterrichtsbesuchen, in welchen die Profs Fragen zu Emory richtig beantworten müssen, um die Stunde fortführen zu können (ansonsten werden die StudentInnen einfach nach Hause geschickt) bis hin zu großen Partys und einem die Woche abschließenden Ball. Weil ich mich nicht ganz dazugehörig fühle, um mit StudentInnen und im schlimmsten Fall auch noch meinen eigenen richtig abzufeiern :-), hier zumindest ein paar Eindrücke wie es diese Woche auf dem Campus ausgesehen hat.

 

 

Und so werde ich mich auch wieder einmal verabschieden, denn an diesem Wochenende gehe ich wieder einmal auf Reisen … etwas ganz Besonders, von dem ich euch aber erst beim nächsten Mal berichten werde … ihr könnt also gespannt sein!

 

Bis dahin … alles Liebe und

bis bald!